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Atom- und Ökostrom müssen kein Widerspruch sein

Kategorie: Strom

Berlin – Mit der Forderung von Bundesumweltminister Norbert Röttgen nach einer stärkeren Begrenzung der Laufzeiten für Atomkraftwerke ist die Debatte um die Kernenergie wieder voll entbrannt. Oftmals wird diese mehr emotional als rational geführt. Dabei gibt es durchaus inhaltliche Schnittmengen zwischen Befürwortern und Gegnern einer Laufzeitverlängerung. Was beide Seiten eint ist beispielsweise der Wunsch nach einer verlässlichen und klimaschonenden Energieversorgung.



Die Energieversorgung wird in Zukunft immer stärker auf regenerativen Energieträger basieren. Hierin sind sich Politiker von CDU bis Grüne weitgehend einig. Nicht umsonst wird die Kernenergie auch im Koalitionsvertrag als „Brückentechnologie“ bezeichnet. Doch genau das ist die strittige Frage: wie lang darf diese Brücke denn eigentlich sein?



Die Kritiker der Kernenergie genießen – zum Ärger der Atomlobby – große Aufmerksamkeit in den Medien. Die Berichterstattung läuft bei Zwischenfällen in Atomkraftwerken oder anlässlich der sich wiederholenden Atomtransporte auf Hochtouren. Der Alltag - also die ganzjährige Stromversorgung durch die Atomkraftwerke - ist dagegen unspektakulär und findet somit nicht den Weg in Funk und Fernsehen.



Die Kernkraftgegner führen vor allem zwei Argumente ins Feld. So befürchten sie bei einem weiteren Festhalten an der Kernenergie eine Verzögerung oder gar Verhinderung des Ausbaus der Regenerativen. Zudem könnten die Atomkraftwerke nicht ausreichend flexibel auf (vor allem durch die Einspeisung von Ökostrom verursachten) Spannungsschwankungen reagieren.



In Wirklichkeit lassen sich Kernkraftwerke rund zwei- bzw. dreimal so schnell wie Gas- und Kohlekraftwerke hoch- und runterfahren. So wird die Leistung der Atomkraftwerke bereits heute zwischenzeitig auf bis zu 55 Prozent heruntergefahren, um die zunehmenden Spannungsschwankungen auszugleichen. Zudem haben Kernkraftwerke allein schon aufgrund ihrer Größe einen ungleich größeren Regelbereich als andere Kraftwerkstypen. Das niedersächsische Kraftwerk Unterweser etwa regelt seine Leistung inzwischen an über 100 Tagen pro Jahr herunter, damit der Strom aus Windkrafträdern problemlos eingespeist werden kann.



Von daher ist eine Laufzeitverlängerung kein Hindernis für den Ausbau der Erneuerbaren. Das Gegenteil ist der Fall: solange keine ausreichenden Kapazitäten für die Speicherung von Ökostrom existieren, kann auf die Flexibilität der Atomkraftwerke kaum verzichtet werden. Vielmehr würde eine vorzeitige Abschaltung der Anlagen den weiteren Ausbau erschweren und lediglich zu einer Verlagerung der Probleme führen. In diesem Sinne ist die Kernenergie als Wegbereiter und nicht als Widerspruch der Erneuerbaren Energien zu verstehen.



Foto: © Daniel Bleyenberg / Pixelio