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„Zuhause-Kraftwerke“ von LichtBlick: zu früh gefreut?

Kategorie: Gas

Am Mittwoch haben der Energieversorger LichtBlick und der Automobilhersteller Volkswagen eine bislang einmalige und exklusive Partnerschaft unterzeichnet. VW wird die kleinen Blockheizkraftwerke produzieren, der Strom- und Gasanbieter den Vertrieb der Anlagen übernehmen. Das innovative Konzept stößt bei den Medien auf unerwartet große Resonanz. Dem Hamburger Abendblatt zufolge sind die Minikraftwerke „eine Alternative zur Atomkraft“, in der tageszeitung ist gar vom „Volkskraftwerk“ die Rede. Doch für wen lohnt sich der Einbau eines solchen Mini-Heizkraftwerks eigentlich?

Gasanbieter LichtBlick und Autobauer VW


Von der Kooperation erhoffen sich beide einen neuen Absatzmarkt. Volkswagen hat bereits langjährige Erfahrung im Bau moderner Gasmotoren. Entwicklung und Produktion der „EcoBlue“ genannten Blockheizkraftwerke sind für den Autobauer somit kein Neuland. Als etablierter Anbieter verfügt natürlich auch LichtBlick über ausreichend Erfahrung auf dem Strom- und Gasmarkt, um ein solches Projekt zu stemmen. Für den Strom- und Gasanbieter ist das Konzept der dezentralen Energieversorgung durch Mini-Kraftwärmekopplungs-Kraftwerke dennoch ein ganz neues Kapitel.

Kraft-Wärme-Kopplung: aus Gas wird Strom und Wärme


Die Blockheizkraftwerke sind so klein, dass sie in gewöhnlichen Kellern untergebracht werden können. Durch die Verbrennung von Erdgas wird nicht nur Strom produziert, sondern zusätzlich auch die entstehende Abwärme nutzbar gemacht. Gegenüber konventionellen Anlagen verursachen die „EcoBlues“ 60 Prozent weniger Kohlenstoffdioxid-Emissionen. Und der Vorstandsvorsitzende von LichtBlick, Christian Friege, hat große Pläne: 100.000 dieser Kraftwerke sollen in den nächsten Jahren errichtet werden. Diese würden zusammen genommen eine Leistung von 2.000 Megawatt erbringen und somit zwei Atomkraftwerke ersetzen können. Für Friege ist dies daher nicht weniger als „eine echte Revolution für den Strommarkt“ (Quelle: faz.net).


„ZuhauseKraftwerk“: Bedarf wird überschätzt


Es ist jedoch fraglich, ob sich die Technologie für so viele Kunden überhaupt rechnet. Schließlich lohnt sich die Anschaffung eines 5.000 Euro teuren „ZuhauseKraftwerks“ nur für private Haushalte ab einem Wärmebedarf von 45.000 kWh. Jörg Huber von der Hamburger Verbraucherzentrale betont daher gegenüber dem Portal enbausa.de: „Wer mit seinem Einfamilienhaus einen derart hohen Wärmebedarf hat, sollte sich allerdings zuerst mit der Gebäudesubstanz, also der Dämmung des Gebäudes, beschäftigen.“ Fraglich ist zudem, ob Vermieter an der Installation effizienter und teurer Anlagen interessiert sind. Schließlich werden die Heizkosten ohnehin über die Nebenkosten an die Mieter weitergegeben.

Mini-Gas-Kraftwerke: Effizient nur im Winter


Kritiker nennen Mini-Blockheizkraftwerke gerne auch „stromproduzierende Heizungen“. Wird für die Heizung oder warmes Wasser Wärme benötigt, so fällt als „Nebenprodukt“ elektrische Energie an. Der hohe Wirkungsgrad von über 90 Prozent wird folglich nur dann erreicht, wenn Wärme und Strom zugleich benötigt werden. Doch während der warmen Sommermonate braucht man Wärme nur fürs Baden und Duschen. Wenn LichtBlick im Sommer Strom benötigt und das Mini-Kraftwerk ferngesteuert anschaltet, entsteht automatisch Abwärme, für welche dann keinerlei Bedarf besteht. Die vorhandenen Pufferspeicher können die Wärme jedoch nur begrenzt zwischenspeichern. Folglich werden die dezentralen Erdgas-Kraftwerke in der Sommerzeit oftmals keinen Strom ins Netz einspeisen können.

Fazit: mehr Evolution als Revolution


Abgesehen von überschätzten Bedarf und Effizienz gibt es zudem zahlreiche technische Probleme. Der Berliner Gasanbieter GASAG weiß ein Liedchen davon zu singen. Der Vorreiter in Sachen Mini-Blockheizkraftwerke versucht seit Jahren entsprechende Modelle marktreif zu machen. Auch die Wartung eines Vier-Zylinder-Gasmotors erweist sich erfahrungsgemäß wesentlich aufwändiger als die einer gewöhnlichen Gasbrennwert-Heizung. Zudem gilt es für geneigte Käufer eines Zuhause-Kraftwerks zahlreiche bürokratische Hindernisse zu überwinden. Für die Erdgassteuerrückerstattung muss er sich an den Zoll wenden, für den sogenannten KWK-Zuschlag an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, an den lokalen Gasanbieter für die vermiedene Netznutzungsentgelte und die Einspeisvergütung und bei der Bundesnetzagentur muss die Energiebelieferung angezeigt werden. Ob das Konzept von LichtBlick und Volkswagen vor allem in der angekündigten Dimension aufgeht ist daher alles andere als sicher. Die Ankündigung, zwei Atomkraftwerke schließen zu können, ist natürlich Aufsehen erregend. Der Weg dorthin dürfte jedoch schwieriger sein als die Inszenierung medialer Aufmerksamkeit.