Atomausstieg: Energiekonzerne warnen vor „Ewigkeitshaftung“
Kategorie: Strom
Vor über vier Jahren hat die Bundesregierung nach der Atomkatastrophe von Fukushima den beschleunigten Atomausstieg bis 2022 beschlossen. Viele Energiekonzerne kämpfen seitdem mit teils starken Gewinneinbrüchen – zu spät haben sie sich den Veränderungen durch die Energiewende angepasst. Experten befürchten, dass die großen deutschen Stromkonzerne nicht mehr für die kompletten Kosten des Atomausstieges aufkommen können. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) plant daher, mögliche Schlupflöcher für die Energiekonzerne zu schließen. Doch die warnen vor einer „Ewigkeitshaftung“, die in ihren Augen gegen das Grundgesetz verstoße.
Ausgestrahlt Glibber-Aktion Endlager in Dessau
Ausgestrahlt Glibber-Aktion Endlager in Dessau
Atommüll-Endlagerung dauert möglicherweise noch über 150 Jahre
Der Vorsitzende der Atommüll-Endlager-Such-Kommission, Michael Müller (SPD), geht davon aus, dass die Kosten für den endgültigen Atomausstieg in den nächsten Jahrzehnten auf 50 bis 70 Milliarden Euro ansteigen könnten. Theoretisch sind die großen deutschen Energiekonzerne dazu verpflichtet, für die Kosten der Endlagerung des in ihren Kraftwerken produzierten Atommülls aufzukommen. Die Rücklagen, die die Stromversorger zu diesem Zwecke gebildet haben, betragen laut Müller jedoch nur rund 36 Milliarden Euro. Hinzu kommt, dass einige Stromversorger aufgrund der Energiewende unter erheblichen Gewinneinbrüchen leiden. Stromanbieter E.ON hat sich aus Kostengründen dazu entschieden, seine Atomsparte in eine Tochtergesellschaft auszugliedern. Durch solche Konzernaufspaltungen, so befürchten Experten, könnte die Finanzierung des Atomausstiegs auf der Kippe stehen. Denn nach einer Ausgliederung des Atomgeschäfts in eine Tochtergesellschaft ist die Haftung der Muttergesellschaft für aufkommende Kosten auf fünf Jahre begrenzt. Bis zur endgültigen Lagerung des gesamten deutschen Atommülls könnten laut Suchkommissions-Vorsitzenden Müller aber noch über 150 Jahre vergehen. Die Haftung der Konzerne wäre in diesem Fall längst erloschen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will das bestehende Schlupfloch für die Energiekonzerne nun schließen und die Haftungsbeschränkung der Mutterkonzerne aufheben. Die ehemaligen Betreiber der Atomkraftwerke müssten „sämtliche Kosten für den Rückbau gemäß dem Verursacherprinzip“ tragen, so der SPD-Chef. Auch durch Umstrukturierungen in den Konzernen dürfe dieser Grundsatz nicht ausgehebelt werden.Stromanbieter wollen „sämtliche einvernehmliche Lösungen“ blockieren
Doch die Energiekonzerne haben bereits heftigen Widerstand gegen die Pläne Gabriels angekündigt. Wie der Spiegel berichtet, sprechen Manager bei Stromanbieter E.ON von einer Art „unbestimmter Ewigkeitshaftung“, die in den Augen der Energiebranche sogar gegen das Grundgesetz verstoßen könnte. Die Stromversorger warnen davor, „sämtliche einvernehmliche Lösungen“ zu blockieren, sollte der Bundeswirtschaftsminister seine jetzigen Pläne tatsächlich durchsetzen wollen. Für Ende des Jahres angesetzte Gespräche über einen möglichen Fonds zur dauerhaften Finanzierung der Atommüll-Endlagerung müssten dann gar nicht erst begonnen werden, so die Energiekonzerne. Bild: Ausgestrahlt Glibber-Aktion Endlager in Dessau von Patrick G., CC BY – bearbeitet von Tarifo.deDeutschlandkarte
Lexikon