Stromverbraucher sollen geschützt werden
Kategorie: Strom
Die letzten Monate waren turbulent für die Verbraucher. Explodierende Gaspreise, insolvente Energieversorger und starke Inflation - all das beunruhigt die Menschen. Nun will die Bundesregierung mit einer Gesetzesreform zumindest kurzfristigen Kündigungen von Strom- und Gasverträgen durch Billiganbieter sowie Preissprüngen einen Riegel vorschieben. Geplant sind auch einheitliche Tarife in der Grundversorgung. Laut Deutscher Presse-Agentur sagte Oliver Krischer (Grüne), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium: „Wir dürfen die Verbraucher nicht nochmal so im Regen stehen lassen“. Und weiter: „Das war und ist eine große Belastung für viele Menschen und ein großer Schock, auf einmal eine Kündigung des Gas- oder Stromanbieters im Briefkasten vorzufinden“. Um zu verhindern, dass sich diese Prozesse wiederholen, solle es künftig einheitliche Tarife in der Grundversorgung geben, damit Neukunden nicht das Doppelte oder Dreifache gegenüber Bestandskunden zahlen. „Gesplittete Grundversorgungstarife sind am Ende nur ein unnötiges Beschäftigungsprogramm für Gerichte, was wir vermeiden wollen“, so der Politiker. Mit gesplitteten Tarifen bezieht er sich auf die Unterscheidung zwischen Neu- und Bestandskunden, die bislang üblich ist. Krischer kündigte auch an, dass Kündigungen von von Gas- oder Stromlieferungen künftig mehrere Monate vorher angekündigt werden müssen. Sol könnten sich die Verbraucher dann etwas mehr Zeit lassen, wenn es darum geht, einen neuen Versorger ausfindig zu machen.
Chaos auf dem Energiemarkt
Die Turbulenzen zeigen Folgen, sowohl für den Verbraucher als auch für die Politik. Tausende Verträge sind in der jüngsten Vergangenheit gekündigt worden. Dabei gehört der Wechsel zum günstigsten Energieversorger seit Jahren zur Energiepolitik Deutschlands. Denn bis kurz vor der Jahrtausendwende wurde der Energiemarkt staatlich geregelt. Es folgte die Liberalisierung des Telekommunikationssektors, erst im Bereich des Telekommunikationssektors. Dieser Schritt galt als Vorbild für den Energiemarkt. Man erhoffte sich ein Ende der bisherigen Monopolstellung der „Energieriesen“ und gleichzeitig sinkende Energiepreisen. Durch die Marktöffnung sollte ein Wechsel zu neuen Strom- und Gasanbietern zu sinkenden Preisen für den Verbraucher führen. Man erhoffte sich mehr Wettbewerb.
Die Liberalisierung war der Anfang
Der Startschuss für die Liberalisierung des Strommarktes wurde 1998 mit dem Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts gelegt, also vor über 20 Jahren. Und erstmal lief alles wie erhofft: Es kamen neue Anbieter auf den Markt, dank der Liberalisierung können Verbraucher bis heute ihren Strom- und Gasanbieter frei wählen. Allerdings, das zeigt sich jetzt, sind diese Anbieter und somit der gesamte Energiemarkt noch lange nicht in einem ruhigem Fahrwasser angekommen. Zwar wurde 2005 die Bundesnetzagentur gegründet. Diese soll den Wettbewerb zwischen den Anbietern zumindest steuern. Doch viele Probleme bestehen nach wie vor. Denn die Liberalisierung des Energiemarktes hat auch dazu geführt, dass der Strompreis aus verschiedenen Komponenten besteht - und die Idee der sinkenden Preise hat sich als Trugschluss herausgestellt: Strom ist inzwischen fast doppelt so teuer wie vor der Liberalisierung.
Es gibt Handlungsbedarf
Krischer gab daher auch an, dass man die Hürden für Liefereinstellungen erhöhen und das Instrument der Grund- und Ersatzversorgung auf neue Füße stellen wolle. Das Ministerium werde außerdem Vorschläge machen, wie die unseriösen Wettbewerber von der Bundesnetzagentur besser herausgefiltert werden. „Dass rund einer Million Gas- und Stromkunden innerhalb kürzester Zeit gekündigt wird, darf sich so nicht wiederholen“, so der Politiker. Das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium das Bundesumwelt- und Verbraucherschutzministerium, die Bundesnetzagentur und das Bundeskartellamt sind sich im Grunde einig: Es muss sich einiges ändern. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßt das - die Verbraucher werden es auch begrüßen. Noch ist allerdings alles wie gehabt und damit vor allem teuer. So gibt es ein Positionspapier des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Hier heißt es mit Blick auf die Kündigung von Verträgen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher bei Neukundentarifen teils bis zu 1654 Euro mehr im Jahr zahlen müssen als Bestandskunden. Indes kommentierte auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) den Vorschlag von Krischer. Der setze grundsätzlich an den richtigen Stellschrauben an, um zukünftig ähnliche Situationen zu entschärfen.
Die Suche nach dem passendem Tarif
Die Verbraucherzentralen haben einige Tipps für alle Verbraucher, die ganz aktuell in der unangenehmen Lage sind, einen neuen Versorger suchen zu müssen. Demnach sollten man zum Beispiel neben dem Preis auch Punkte wie kurze Laufzeiten und Kündigungsfristen beachten. Genau informieren man sich auch zu Bonus-Tarifen, Preisgarantien, Ökostrom und Online-Tarifen. Die Ersparnis beim Anbieterwechsel sei in vielen Städten gering, manchmal sei sogar die Grundversorgung am günstigsten. Zwar weist die Verbraucherzentrale darauf hin, dass Vergleichsportale sind aktuell nur eingeschränkt nutzbar seien. Gleichzeitig gibt es dort aber auch den Hinweis, dass die Portale eine Orientierung über die Preise geben könne - diese Einschätzung bezieht sich am Ende auf die Tatsache, dass die Preise, die man online sieht, nicht zwingend tagesaktuell sein müssen. Wer sich gut informiert, kann aber durchaus weiterhin die Preise vergleichen und für sich den passenden Tarif finden - empfehlenswert ist dabei auch ein Blick auf die Laufzeit des Vertrags. Wer monatlich oder zum Quartal kündigen kann, kann jeweils wieder in einen günstigeren Vertrag einsteigen - aktuell ist das noch immer eine Möglichkeit, zu sparen.